Die Produktion enormer Milchmengen bedeutet für die Kühe Höchstleistung, für die sie sämtliche Körperreserven mobilisieren müssen. Statt kurzfristig erbrachter Spitzenleistungen strebt man in der Biolandwirtschaft eine nachhaltige und langfristige Lebensleistung der Tiere an. Das ist nicht nur eine Frage der artgemäßen Tierhaltung - es hat auch Konsequenzen für die Umwelt, für die Qualität der Milch und somit auch für uns Menschen: Denn gesunde und zufriedene Milchkühe sind die Basis für hochwertige Bio-Milch und Bio-Milchprodukte.
Kühe als Sündenböcke für Klimawandel und Umweltprobleme?
Während die flächenunabhängige, ressourcen- und kraftfutterintensive industrielle Nutztierhaltung verstärkt zur Verantwortung gezogen werden müsste, sieht das bei Bio-Kühen anders aus.
Bio-Tierhaltung ist flächengebunden: Maximal zwei Bio-Milchkühe dürfen pro Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche gehalten werden. Dies stellt sicher, dass negative Auswirkungen auf Boden, Wasser und Klima minimiert werden, die Tiere genug Auslauf haben und sich entsprechend wohlfühlen. Gleichzeitig wird im Biolandbau auf eine ausgewogene Fütterung der Tiere geachtet, die ihren artspezifischen Bedürfnissen gerecht wird und einen deutlich geringeren Kraftfuttereinsatz als in der konventionellen Tierhaltung bedeutet.
Auch jeder Konsument, jede Konsumentin kann aktiv mitentscheiden, wie tiergerecht und nachhaltig die Produktion seiner/ihrer Lebensmittel ist.
Ein einfaches Rechenbeispiel verdeutlicht dies: ÖsterreicherInnen trinken durchschnittlich 80 Liter Milch pro Kopf und Jahr. Für jeden produzierten Liter Milch braucht die Kuh etwa drei Quadratmeter Futterfläche. Durch einen konsequenten Umstieg auf Bio-Milch kann jedeR KonsumentIn eine Fläche von etwa 240 Quadratmetern ökologisieren und aktiv dazu beitragen, den Einsatz von Pestiziden und Kunstdüngern zu reduzieren und das Wohlbefinden landwirtschaftlicher Nutztiere zu unterstützen.
Die Milchkuh veredelt mit Hilfe von Mikroorganismen, die in ihrem Pansen leben, für den Menschen nicht nutzbares Futter und produziert das hochwertige Lebensmittel Milch.
In der intensiven Milchviehhaltung wird diese Fähigkeit der Kuh jedoch kaum genutzt. Durch hohen Kraftfuttereinsatz (Soja, Getreide…) wird die Milchkuh nicht nur zur Nahrungskonkurrentin des Menschen, die dadurch notwendigen Futtermittelimporte und ressourcenintensiven Anbaubedingungen sind aus ökologischen Gründen bedenklich und auf lange Sicht auch ökonomisch nicht zielführend.
Bio-Kühe fressen hauptsächlich Raufutter (Gras, Klee, Heu…) und bewegen sich viel an der frischen Luft. Auf Weiden und Almen sind sie während der Sommermonate großteils selbst für ihre „Menüplanung“ zuständig. Diese Haltungsform ist ein „Gewinn“ für alle Beteiligten: Zufriedene Bio-Kühe genießen Futter und Bewegung an der frischen Luft und zählen – unentgeltlich – zu den effizientesten Pflegerinnen einer vielseitigen Kulturlandschaft. Ein kurzer Ausflug in die ländlichen, kleinstrukturierten Regionen unseres Landes ist wohl Argument genug, dass diese Leistung mit Geld nicht aufzuwiegen ist.
In der konventionellen Nutztierzucht wird seit Jahren ausschließlich auf hohe Produktivität selektiert. Ob es nun die hohe Milchleistung bei Kühen, die extreme Bemuskelung bei Mastgeflügel und Mastschweinen oder die hohe Legeleistung bei Legehennen ist – negative Auswirkungen auf Gesundheit und Nutzungsdauer der Tiere sind garantiert.
So hat auch der Großteil der Milchkühe die Grenze der Leistungsfähigkeit bereits erreicht. Die Produktion enormer Milchmengen bedeutet für die Kühe Höchstleistung, für die sie sämtliche Körperreserven mobilisieren müssen – zu Lasten anderer physiologischer Funktionen.
Infolge der Hochleistungszucht sind auch immer mehr alte, traditionelle Haustierrassen in Vergessenheit geraten und von modernen Hochleistungsrassen verdrängt worden. Diese einseitige Zucht gefährdet die genetische Vielfalt: Laut FAO machen heute nur mehr 15 Tierrassen 90 % aller Nutztiere weltweit aus.
In der Biologischen Landwirtschaft sind Nutztiere, die zuchtbedingt unter Schmerzen und Schäden leiden, nicht erwünscht. Man setzt in der Bio-Tierhaltung auf robuste, an die jeweiligen Umweltbedingungen angepasste Rassen, die möglichst widerstandsfähig gegenüber Witterungseinflüssen und Krankheiten sind. Statt kurzfristig erbrachter Höchstleistung wird eine nachhaltige und langfristige Lebensleistung der Tiere angestrebt – denn gesunde und zufriedene Milchkühe sind die Basis für hochwertige Bio-Milch und Bio-Milchprodukte.
Was logisch klingt wurde mittlerweile auch wissenschaftlich bestätigt: Kühe, die glücklich auf der Weide stehen, führen nicht nur ein zufriedeneres Leben, sie geben auch die bessere Milch.
Eine Kuh, die mit Klee, Gras und Heu gefüttert wird und sich regelmäßig an der frischen Luft bewegen kann, produziert eine Milch, die meist intensiver schmeckt und mehr qualitativ hochwertige Fettsäuren enthält als die Milch von Kühen, die vorwiegend mit Mais und Kraftfutter gefüttert wurden. Das heißt, ob die Kuh auf der Weide oder im Stall steht, ist nicht nur eine Frage der Tierhaltung – es hat auch Konsequenzen für die Umwelt, für die Qualität der Milch und somit auch für die Gesundheit der Menschen.
Auch andere Studien zum Thema Bio-Milch kamen zu verblüffenden Ergebnissen: Die Muttermilch von stillenden Frauen, die hauptsächlich Bio-Lebensmittel konsumierten, wies einen deutlich höheren Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren auf als die Muttermilch von Frauen, die sich konventionell ernährten.
Auch die Hörner der Kuh haben unter Umständen mehr mit der Milchqualität zu tun als bisher angenommen. Auch wenn die Enthornung der Kühe mittlerweile „normal“ und notwendig erscheint, wurde eine Auswirkung auf das Tier bisher kaum beachtet – noch weniger eine mögliche Beeinflussung der Lebensmittelqualität. Mittlerweile gibt es allerdings Hinweise, dass die Hörner einen positiven Einfluss auf die Milchqualität haben könnten.